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Prokons Pleite

Ökostrom: Windkraftfinanzierer Prokon meldet Insolvenz an

Ökostrom: Windkraftfinanzierer Prokon meldet Insolvenz an

Seit Wochen kämpft der Windkraftfinanzierer Prokon gegen die Pleite. Doch ein Ultimatum an seine Anleger war ohne Erfolg abgelaufen. Nun meldet die Firma Insolvenz an – und gibt sich kämpferisch.

Der Windparkbetreiber Prokon ist pleite. Das Unternehmen aus Itzehoe bei Hamburg bestätigte am Mittwoch, Insolvenzantrag gestellt zu haben. "Das bedeutet allerdings keineswegs das Aus für Prokon", betonte die Firma in einem auf der Internet-Seite veröffentlichten Schreiben an die "lieben Genussrechtsinhaber".

Bei Prokon haben gut 75.000 Anleger insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Form von Genussrechten angelegt. Als Eigenkapitalgeber müssen sie sich in der Insolvenz hinten anstellen und dürften einen großen Teil ihres Einsatzes verlieren. Davor schützt sie auch eine Kündigung nicht. Ein Ultimatum von Firmengründer Carsten Rodbertus an die Anteilseigner, ihr Geld nicht aus dem klammen Unternehmen abzuziehen, war am Montag gescheitert.

Knapp zwei Drittel stimmten ab, doch nur 54 Prozent statt der geforderten 95 Prozent der Anleger wollten Prokon zusichern, ihr Geld für weitere Monate investiert zu lassen. Am Mittwoch gab sich das Unternehmen optimistisch: "Wir sind nach wie vor operativ gut aufgestellt und sind zuversichtlich, dass wir die aktuellen Schwierigkeiten überstehen werden", hieß es in dem offenen Brief an die eigenen Anleger.

"Parallel werden wir unter Einbeziehung der Anregungen unserer Genussrechtsinhaber das Geschäftsmodell anpassen. (...) Uns ist klar, dass es Zeit ist, etwas zu verändern!" Der Hamburger Rechtsanwalt Dietmar Penzlin, wurde am Mittwoch vom Amtsgericht Itzehoe zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Er kündigte an, dass der Geschäftsbetrieb ohne Einschränkungen fortgeführt werden soll. Die bisherigen Ansprechpartner stünden Lieferanten und Kunden bei Prokon weiter zur Verfügung. Für die Beschäftigten werde eine Insolvenzgeldvorfinanzierung vorbereitet. Dadurch könnten Löhne und Gehälter bis einschließlich April 2014 über Insolvenzgeld vorfinanziert werden. Die Belegschaft werde "sehr kurzfristig" über den Stand unterrichtet.

Zu viele Kündigungen

Rodbertus hatte den Anlegern offen mit Insolvenz bis Ende Januar gedroht. Dem Unternehmen drohe das Geld auszugehen, weil sich die Kündigungen häuften.

Bis Ende der vergangenen Woche summierten sie sich auf über 200 Millionen Euro, nachdem 2013 schon 130 Millionen Euro ausgezahlt worden seien. Rodbertus drohte, bei einer Insolvenz müsse Prokon "mit dem Rücken zur Wand" womöglich seine Windparks und anderes Vermögen unter Wert verkaufen.

Bei Verbraucherschützern stand das Geschäftsmodell seit langem in der Kritik. Aus einer "Zwischenbilanz" geht hervor, dass bei Prokon bis Ende Oktober insgesamt 210 Millionen Euro Verluste aufgelaufen sind, während an die Anleger 330 Millionen Euro Zinsen gezahlt wurden – im Schnitt acht Prozent pro Jahr. Allein von Januar bis Oktober 2013 wurden danach 67 Millionen Euro Zinsen gezahlt. Das ist das Doppelte des operativen Gewinns (Ebitda).

Vor Gericht hatte Rodbertus am Mittwoch noch einen kleinen Sieg errungen. Das Landgericht Itzehoe schmetterte den Antrag der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab.

Sieg vor Gericht

Die Verbraucherschützer hatten Rodbertus vorgeworfen, die Anleger mit dem Schreiben erpresst zu haben. Das Gericht fand daran allerdings nichts auszusetzen. Es sei zulässig, den Anlegern "mit deutlichen Worten vor Augen zu führen, dass das plötzliche Abziehen von Genussrechtskapital in größerem Umfang drastische, ja existenzbedrohende Folgen für die Gesellschaft haben kann, an der alle Genussrechtsinhaber beteiligt sind".

Die Angst der Verbraucher vor einer Insolvenz sei schon vorher durch Medienberichte hervorgerufen worden. Den Kontakt zu Medien verweigert Prokon nach wiederholten negativen Berichten.

Anfang Dezember hatte die "Welt am Sonntag" den starken Einbruch bei neu eingeworbenen Genussrechtskapital von Prokon aufgedeckt. Damals war Konzernchef Rodbertus noch außer sich. In einem Offenen Brief antwortete er am 13. Dezember: "PROKON ist nicht insolvent und steht auch nicht an der Schwelle zur Insolvenz." Was folgte, waren sich verdichtende Warnsignale, die sich schnell zum Todeskampf entwickelten.

Dramatische Verlustzahlen

Da waren zunächst die dramatischen Verlustzahlen, die Prokon vermeldete. Im Jahr 2012 allein waren es ein Minus von 171 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 410 Millionen Euro. Zu allen Daten muss allerdings angemerkt werden: Es handelt sich immer nur um vorläufige Angaben von Prokon.

Von Wirtschaftsprüfern testierte Jahresabschlüsse liegen seit 2012 nicht vor. Die Anleger waren aber auch von den vorläufigen Zahlen geschockt. Viele wollten ihre Geld zurück.

Die Stiftung Warentest warnte vor den Entwicklungen. Carsten Rodbertus reagierte und veröffentlichte eine Prognose, die Anleger nur weiter verunsicherte, weil sie Gewinne erst wieder ab 2016 auswies.

Immer neue Erklärungen

Der nun einsetzenden Kündigungswelle stemmte sich Prokon mit aller Macht entgegen. Wer in den vergangenen Wochen die Prokon-Webseite beobachtete, konnte beinahe täglich neue Zahlen, Behauptungen und am Ende sogar Drohungen lesen.

Oft wurden die Angaben nach Stunden schon wieder verändert. Die Öffentlichkeitsarbeit von Prokon war seit Jahren intransparent. Mit Journalisten spricht der Unternehmenschef seit Mai 2013 nicht mehr. Dutzende Presseanfragen wurden in den vergangenen Wochen nicht beantwortet.

In den Tagen über den Jahreswechsel verschickte der Prokon dann Schreiben an seine Anleger, mit der Bitte, die Ende Januar fälligen Zinsen im Unternehmen zu belassen und kein Kapital mehr abzuziehen. Auch in diesen Dokumenten findet sich die Aussage, Prokon stehe nicht kurz vor der Insolvenz.

Die Briefe spalteten die Anleger in zwei Gruppen. Die einen gründeten den Verein "Freunde von Prokon", die anderen gingen zum Anwalt und forderten ihr Geld zurück.

Rodbertus' letzte Drohung

Dann drohte Rodbertus auf der Webseite mit der Insolvenz, wenn nicht 95 Prozent des Kapitals gehalten würden, müsse Prokon Zahlungsunfähigkeit anmelden. Den Showdown inszenierte er als Abstimmung auf der Homepage.

Die Anleger sollten dort ein Onlineformular ausfüllen, ob sie ihr Geld längerfristig im Unternehmen belassen wollen oder kündigen werden – der Zwischenstand wurde jeweils veröffentlicht.

Wer auf der Rückzahlung seines Geldes beharrte, wurde darauf hingewiesen, dass er damit die Insolvenz in Kauf nehme. Trotzdem hielt ungefähr die Hälfte der Anleger dem Unternehmen die Treue, wie Prokon vermeldete.

Das sind 40.000 Menschen, die 760 Millionen Genussrechte halten. Aber es reichte nicht. Die Kündigungen führten schlussendlich zur Zahlungsunfähigkeit.

Luftschlösser und Augenwischerei

Bis heute war dabei jedoch unklar, ob es wirklich zum Allerschlimmsten kommt. Vergangenen Donnerstag verkündete Rodbertus, Prokon habe einen namhaften Insolvenzverwalter hinzugezogen, der zu der Einschätzung gekommen sei, "dass in unserem Fall gekündigte Genussrechte in einem Insolvenzverfahren möglicherweise nicht als fällige Forderungen zu bewerten wären".

Rodbertus hatte Prokon 1995 gegründet. Das Unternehmen mit mehr als 1300 Mitarbeitern betreibt nach eigenen Angaben gut 50 Windparks mit 314 installierten Windkraftanlagen in Deutschland und Polen. Weitere seien im Bau.

Zum Konzern gehört auch ein Biodiesel -Hersteller in Magdeburg. Zudem finanziert Prokon ein Sägewerk in Torgau, das Holzpaletten produziert.

 

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