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Prokons Pleite

Prokon: Windenergie-Manager unter Bestechungsverdacht

Prokon: Windenergie-Manager unter Bestechungsverdacht

Für den Windenergieriesen Prokon kommt es immer härter. Firmenchef Carsten Rodbertus steht jetzt auch noch unter Korruptionsverdacht. Wurde ein Mitarbeiter eines Landratsamtes bestochen?

Jochen P. hat eigentlich vieles richtig gemacht. Da war dieser Nebenjob. Er hat seiner Behörde, dem Landratsamt Wesermarsch, davon erzählt. Wie es aussieht, kam die Sache damals, im Juni 2010, niemanden besonders merkwürdig vor. Inzwischen sieht das anders aus.

Es steht die Frage im Raum, ob P. sich hat bestechen lassen. Nach Informationen der "Welt" ist P.s Nebenjob der Grund, warum die Staatsanwaltschaft Lübeck nun gegen den Chef eines der größten deutschen Windkraftunternehmen ermittelt: Carsten Rodbertus, Geschäftsführender Gesellschafter von Prokon. Der Verdacht: Bestechung.

Denn P. war im Landkreis zuständig dafür, mögliche Standorte für neue Windparks zu analysieren. Und Prokon wollte in diesem Landkreis zwei Parks mit insgesamt 24 Windrädern bauen. Außerdem – das war der Nebenjob – hat P. von Prokon Geld für drei Gutachten zu Wind-Standorten bekommen, insgesamt 4375 Euro.

Landrat räumt "ärgerlichen Fehler" ein

So zumindest stellt es das Landratsamt dar. So soll es auch in den Unterlagen gestanden haben, die P. seiner Behörde vor einem Jahr vorgelegt hat. P. habe versichert, dass er für Prokon keine Standorte im eigenen Landkreis begutachte. Die Behörde habe deshalb zunächst kein Problem mit P.s Nebenjob gehabt.

Die Staatsanwaltschaft Lübeck hatte Recherchen der "Welt am Sonntag" bestätigt, denen zufolge sie gegen Prokon-Chef Rodbertus ermittele. Zu Details wollte sie sich nicht äußern. Das Landratsamt Wesermarsch bestätigt nun, dass in P.s Fall ermittelt wird. Eine Sprecherin sagte der "Welt", P. arbeite noch in derselben Abteilung, seine Arbeit sei allerdings "etwas angepasst worden". Weiter wollte auch sie sich nicht äußern. Der Landrat hat allerdings inzwischen einen "ärgerlichen Fehler" seiner Behörde eingeräumt.

P. selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Prokon teilte auf Anfrage der "Welt" mit, über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Rodbertus sei "nichts bekannt".

Der Chef steht unter Betrugsverdacht

Ohnehin ist dieser Fall für Prokon nur Teil eines größeren Problems. Denn einerseits ermittelt die Staatsanwaltschaft Lübeck laut einem Bericht der "Welt am Sonntag" noch in einem zweiten Fall gegen Rodbertus, wegen des Verdachts auf Betrug. Andererseits drohten dem Unternehmen Schadenersatzklagen – in Höhe von bis zu acht Millionen Euro.

Der Leiter der Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Lübeck, Werner Spohr, sagte: "Wir führen zwei Ermittlungsverfahren." Das wegen P.s Nebenjob und eines wegen des Verdachts auf Betrug. "Die Ermittlungen dauern an", sagte Spohr. Schon in den vergangenen Jahren ermittelte die Behörde in fünf Verfahren gegen Rodbertus – ebenfalls wegen Betruges. Diese Verfahren wurden alle eingestellt. "Die Vorwürfe konnten nicht erhärtet werden", sagte Spohr.

Außerdem liegt Prokon mit Kunden und ehemaligen Teilhabern der Unternehmensgruppe im Clinch. In einem Fall verlangen Kunden von einer Prokon-Tochterfirma sieben Millionen Euro Schadenersatz. Das Unternehmen konnte wegen eines Produktionsausfalls einige Kunden nicht mehr beliefern, darunter Futtermittelhersteller.

Kunden drohen mit Schadenersatzklagen

Sie drohen nun mit Schadenersatzklagen. Rodbertus sagte: "Wir werden in der Bilanz Rückstellungen bilden." Er habe den Kunden aber auch ein Vergleichsangebot gemacht: Prokon würde drei Viertel der geforderten sieben Millionen Euro bezahlen. Die Futtermittelhersteller wollten sich nicht äußern.

Zudem haben 17 ehemalige Prokon-Kommanditisten Schadenersatzklagen beim Landgericht Itzehoe eingereicht. Insgesamt könnte Prokon noch einmal bis zu 600.000 Euro zahlen müssen. Rodbertus bestätigte die Informationen, sagte aber: "Es gibt nicht einen Anleger, der bei uns Verlust gemacht hat. Jeder hat eine positive Rendite." Auch in diesem Fall hat er nach eigenen Angaben Vergleichsangebote gemacht.

Prokon ist eine der größten Windfirmen in Deutschland. Die Firma hat mehr als eine Milliarde Euro Anlegergelder eingesammelt. Sie hat nach eigenen Angaben rund 1.000 Mitarbeiter und betreibt 47 Windparks mit rund 300 Windrädern in Deutschland und Polen. Sie expandierte zuletzt in den Bereichen Biodiesel und Biomasse. Allerdings gibt es nach Recherchen der "Welt am Sonntag" in diesen drei Geschäftsbereichen Schwierigkeiten.

Windparks bringen weniger Ertrag

Demnach bleiben die Erträge der Windparks hinter den eigenen Prognosen zurück. Zudem hat Prokon trotz anderslautender Ankündigungen seit Sommer 2011 in Deutschland keinen Windpark mehr gebaut – unter anderem wegen Gerichtsstreitigkeiten. "Wir haben schon schönere Windjahre gehabt", sagte Rodbertus. Es gehöre zum Geschäft, dass immer mal etwas schiefgehe. Zudem habe Prokon im vergangenen Jahr in Polen insgesamt 23 Windräder aufgestellt.

Auch mit Biodiesel und der Biomasse läuft es nicht rund. Das Bio-Ölwerk Magdeburg hat laut einem Geschäftsbericht im Jahr 2011 rund 21 Millionen Euro Verlust gemacht. Der Markt für Biodiesel ist seit Jahren rückläufig. Zudem verliert ein wichtiger Partner, in den Prokon nach eigenen Angaben seit 2010 mindestens 50 Millionen Euro investiert hat, täglich bis zu 60.000 Euro.

Hintergrund ist ein Streit mit dem Landkreis Nordsachen um eine Baugenehmigung für ein Biomasseheizkraftwerk in Torgau bei Leipzig. Firmenchef Rodbertus sagte der "Welt am Sonntag", er habe eine Schadenersatzklage in Millionenhöhe gegen den Landkreis eingereicht.

Trotz allem plant Prokon eine massive Expansion. Die Unternehmensgruppe hat bisher eine Milliarde Euro Genussrechtsgelder eingeworben, nun will Firmenchef Carstens Rodbertus zehnmal so viel Geld von Anlegern einsammeln. Der "Welt am Sonntag" sagte er: "Wir haben angekündigt, ein Emissionsprospekt von zehn Milliarden aufzulegen. Der ist bei der BaFin in der Beantragung."

Was mit diesem Geld geplant sei, könne er noch nicht sagen. "Es gibt keine wirkliche Zielvorgabe, wohin es geht." Es könnten sich technische Veränderungen ergeben. Vielleicht stelle sich morgen heraus, dass die Windkraft "doch nicht das Nonplusultra ist".

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