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Minutenprotokolle

11. September 2001: Das Protokoll des Tages, der die Welt veränderte

11. September 2001: Das Protokoll des Tages, der die Welt veränderte

"Raus, Raus, Raus": Noch immer grassieren Verschwörungstheorien über die Anschläge auf New York und Washington. Was wirklich geschah – eine Rekonstruktion.

Die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon fanden vor den Augen von Millionen Menschen statt. Kein Tag der Weltgeschichte ist von mehr Kommissionen untersucht, geradezu durchleuchtet worden. Dennoch kursieren zu keinem anderen Ereignis mehr Verschwörungstheorien .

"Welt Online" rekonstruiert, gestützt auf Berichte der Kongress-Kommission, die Untersuchungen verschiedener US-Behörden wie des National Transportation Safety Board, der Federal Aviation Administration und des FBI, auf die Memoiren beteiligter Politiker und die Erinnerungen ganz normaler Menschen sowie auf die Original-Fernsehbilder, was am 11. September 2001 passiert ist.

Auch die Recherchen der "9/11"-Skeptiker sind einbezogen und überprüft worden. Alle genannten Uhrzeiten sind die jeweilige Ortszeit. Zwischen der Ostküste der USA und Deutschland besteht eine Zeitdifferenz von sechs Stunden. Weitere Beiträge zu 9/11 .

Berlin, 11 Uhr (5 Uhr New Yorker Zeit) Im Reichstag eröffnet Bundestagsvizepräsident Rudolf Seiters (CDU) die 185. Sitzung der laufenden Wahlperiode des Parlaments. Auf der Tagesordnung steht unter anderem die erste Lesung des Haushaltsentwurfs 2002. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sitzt auf der Regierungsbank, neben ihm sein Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer (Die Grünen).

Portland (US-Bundesstaat Maine), 5.45 Uhr Als Mohammed Atta und sein Begleiter Abdulaziz al-Omari für ihren Flug nach Boston einchecken, löst ein computergestütztes Warnsystem aus. Als Konsequenz daraus wird sein aufgegebenes Gepäck erst verladen, als Atta die Maschine bestiegen hat.

Saratosa (US-Bundesstaat Florida), kurz vor 6 Uhr In seiner Suite im Strandhotel "Colony Beach Resort" wacht US-Präsident George W. Bush auf. Zuerst liest er in der Bibel, dann zieht er sich an, um in der morgendlichen Dämmerung mit einigen Leibwächtern sieben Kilometer um den Golfplatz hinter dem Hotel zu joggen.

Boston, 6.52 Uhr Wenige Minuten nach der Ankunft der Maschine aus Portland telefonieren Mohammed Atta und Marwan al-Shehhi miteinander. Beide befinden sich im Flughafen von Boston und warten auf ihre Flüge nach Los Angeles.

Newark (US-Bundesstaat New Jersey), 7.03 Uhr Unabhängig voneinander checken drei junge Männer aus Saudi-Arabien sowie der Libanese Ziad Jarrah auf dem zweitgrößten Flughafen im Raum New York für United Airlines Flug 93 nach San Francisco ein. Nur bei einem von ihnen löst ein automatisches Warnsystem aus; sein Gepäck wird gesondert auf explosive Stoffe überprüft und dann verladen.

Washington D.C., 7.15 Uhr Auf dem Flughafen Dulles International checken die ersten beiden von fünf Terroristen für Flug 11 der American Airlines nach Los Angeles ein. Bei allen fünf schlagen automatische Warnsysteme an: Ihr Gepäck wird erst verladen, sobald die Männer nachweislich die Boeing 767 bestiegen haben.

Berlin, 13.30 Uhr Im neuen Bundeskanzleramt im Berliner Spreebogen empfängt Schröder den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban zu einem Gespräch.

Berlin, zur selben Zeit Außenminister Fischer begrüßt im Hotel "Adlon" den jemenitischen Außenminister Abu Bakr al-Kirbi zu einem Mittagessen.

Boston, 7.31 Uhr Das automatische Warnsystem der Flughafensicherheit löst bei drei der vier Helfer von Mohammed Atta aus. Dennoch können alle fünf Araber ungehindert Flug American Airlines 11 besteigen, eine Boeing 767. Lediglich ihr aufgegebenes Gepäck wird noch einmal gesondert überprüft. Ohne dass etwas auffällt, passiert das Team um al-Shehhi die Sicherheitskontrollen, um United Airlines Flug 175 zu besteigen.

Washington D.C., 7.35 Uhr Der 29-jährige Hani Hanjour passiert ohne Beanstandungen den Metalldetektor vor dem Sicherheitsbereich im Dulles Airport. Wenige Minuten später löst einer seiner Begleiter Warntöne aus und wird von einem Sicherheitsmitarbeiter per Hand überprüft. Dann darf er passieren.

Boston, 7.59 Uhr Flugkapitän John Ogonowski und sein Erster Offizier Thomas McGuinness starten Flug American Airlines 11 mit 14 Minuten Verspätung. An Bord sind 92 Menschen.

Boston, zur selben Zeit United Airlines Flug 175, eine Boeing 767, rollt zur Startbahn. An Bord sind Marwan al-Shehhi, vier weitere Entführer, neun Besatzungsmitglieder und 51 Passagiere.

Saratosa, 8 Uhr Nach seinem Frühsport und einem leichten Frühstück beginnt George W. Bush seinen Tagesplan mit dem allmorgendlichen Briefing über die Sicherheitslage. Der CIA-Bericht enthält den üblichen Hinweis auf erhöhte Terrorgefahr, aber nichts Konkretes. Es gibt keinen Grund für einen Anruf bei Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, die im Weißen Haus die Stellung hält.

Brighton (Großbritannien), zur selben Zeit Der britische Premierminister Tony Blair trifft in einem Hotel in dem westenglischen Badeort ein, um auf dem Gewerkschaftskongress eine programmatische Rede zu halten.

Über West-Massachusetts , 8.14 Uhr Kurz vor Erreichen der Reiseflughöhe entführen Mohammed Atta und seine vier Helfer Flug 11. Wahrscheinlich werden die beiden Piloten sofort ermordet. Auch ein ehemaliger israelischer Elitesoldat, der die Entführer zu überwältigen versucht, wird getötet.

Boston, zur selben Zeit Mit 14 Minuten Verspätung heben Pilot Victor Saracini und der Erste Offizier Michael Horrocks ihre Boeing 767 zu United Airlines Flug 175 ab.

Über dem US-Bundesstaat New York, 8.19 Uhr Die Stewardess Betty Ong von Flug American Airlines 11 ruft bei einem Büro ihrer Fluggesellschaft in North Carolina an und berichtet: "Das Cockpit antwortet nicht, jemand ist in der Business-Klasse erstochen worden … Ich weiß nicht, ich glaube, wir sind entführt worden."

Washington D.C., 8.20 Uhr Mit zehn Minuten Verspätung starten Flugkapitän Charles F. Burlingham und Copilot David Charlebois ihre Boeing 757 zu Flug American Airlines 77 nach Los Angeles.

Fort Worth, 8.21 Uhr Die Leitzentrale von American Airlines wird über den Notruf informiert. Noch ist Flug 11 auf dem vorgesehenen Kurs, aber eine Anfrage beantwortet Kapitän Ogonowski nicht.

Über dem US-Bundesstaat New York, 8.23 Uhr Aus dem Cockpit der Boeing 767 macht Mohammed Atta eine Ansage an die Passagiere. Dabei drückt er die Funktaste, so dass seine Worte in der Flugkontrolle Boston zu hören sind. Mit starkem Akzent sagt er: "Wir haben Flugzeuge. Bleiben Sie sitzen und alles wird gut. Wir kehren zum Flughafen zurück." Die Bedeutung des ersten Satzes erkennen die gestressten Fluglotsen nicht sofort.

Boston, 8.25 Uhr Die Lotsen in der Flugkontrolle halten in ihrem Protokoll fest, dass American Airlines Flug 11 entführt worden ist. Die letzte Flugzeugentführung in den USA hatte 1994 stattgefunden.

Über Schenectady (US-Bundesstaat New York), 8.26Uhr Betty Ong berichtet per Telefon, dass das Flugzeug "sprunghaft fliegt". Die Flugüberwachung registriert eine ungenehmigte Kursänderung um 100 Grad nach Süden.

Herndon (US-Bundesstaat Virginia), 8.28 Uhr In der Leitstelle der US-Luftfahrtbehörde (FAA) erfährt Direktor Ben Sliney von der Entführung von American Airlines Flug 11. Er unterbricht sein Tagesgeschäft und kümmert sich vorrangig um diese Krise.

Saratosa, 8.30 Uhr George W. Bush verlässt nach dem Briefing das Hotel. Er verabschiedet sich vom Manager und besteigt dann seine wartende Limousine.

Washington D.C., wenige Minuten später Im Hotel "St. Regis" trifft sich CIA-Direktor George Tenet mit dem früheren Senator und Geheimdienst-Experten David Boren zum Frühstück.

Boston, 8.37 Uhr Ein Fluglotse bittet die Besatzung von United Flug 175, nach einer Boeing 767 von American Airlines in der Nähe Ausschau zu halten. 56 Sekunden später bestätigt Copilot Michael Horrocks, die Maschine zu sehen.

Boston, 8.38 Uh r Nach einigen Minuten Unsicherheit und erfolgloser Suche nach dem Verbindungsoffizier der Air Force informiert ein Mitarbeiter der zivilen Flugkontrolle direkt die Luftverteidigungszentrale Nordost (NEADS) in Rome (US-Bundesstaat New York) über die Entführung.

Saratosa, 8.39 Uhr Der Konvoi mit den Fahrzeugen des Präsidenten setzt sich in Bewegung. Ziel ist die Emma-Booker-Grundschule.

Über dem US-Bundesstaat New York, 8.41 Uhr Kapitän Saracinivon United Flug 175 berichtet der Flugkontrolle New York, dass er kurz nach dem Start in Boston einen seltsamen Funkspruch aufgefangen habe. Jemand habe etwas wie "Bleiben Sie auf Ihren Sitzen" gesagt. Wenige Sekunden später bricht der Funkverkehr ab.

Rome, 8.42 Uhr Die NEADS-Offiziere entscheiden, zwei Abfangjäger der Luftwaffenbasis Otis in Massachusetts zu alarmieren.

Über dem US-Bundesstaat New York, zur selben Zeit Fünf junge Männer entführen die Boeing 767 der United Airlines. Sie erstechen beide Piloten und drohen mit einer Bombe.

Newark, zur selben Zeit Mit 42 Minuten Verspätung hebt Flug 93 der United Airlines Richtung San Francisco ab. Kapitän Jason Dahl und sein Copilot LeRoy Homer Jr. fliegen fünf Besatzungsmitglieder, 32 Passagiere – und vier Entführer.

Über der Bronx,8.44 Uhr Mohammed Atta beginnt den Anflug auf sein Ziel, den nördlichen Turm des World Trade Center. Er steuert die Boeing 767 mit mehr als zwölf Kilometern pro Minute in geringer Höhe über Manhattan. Die Stewardess Amy Sweeny schreit ins Telefon: "Wir fliegen niedrig, niedrig, viel zu niedrig. Ich sehe Gebäude, ich sehe Wasser. Oh mein Gott, wir sind zu tief."

Rome, 8.46 Uhr Der Offizier vom Dienst erteilt den Befehl zum Alarmstart für die Abfangjäger der Otis Air Force Base (US-Bundesstaat Massachusetts)

Südliches Manhattan, 8.46.40 Uhr American Airlines Flug 11 schlägt zwischen dem 94. und dem 98. Stockwerk in den 410 Meter hohen Turm ein. Die 3800 Liter Kerosin an Bord detonieren mit einem gewaltigen Feuerball. Durch die hohe Geschwindigkeit des etwa 150 Tonnen schweren Flugzeugs entspricht die Energie der Kollision der mit einer Abrissbirne von 12500 Tonnen Gewicht. Knapp die Hälfte der tragenden Pfeiler sind beschädigt, mehrere hundert Menschen und alle Insassen des Flugzeuges sofort tot. Auf dem beschädigten Teil lastet das Gewicht der oberen Stockwerke – etwa 40.000 Tonnen. Von den 92 Menschen an Bord können mittels DNA-Vergleich später 36 Personen sicher identifiziert werden. Zwei weitere DNA-Spuren werden den Entführern zugeordnet.

Nordturm des World Trade Centers, zur selben Zeit Im 89. Stockwerk spürt die PR-Beraterin Lynn Simpson einen "gewaltigen Knall". Das Licht geht aus, die Sprinkleranlage löst aus. Simpson geht mit ihren Kollegen in ein anderes Büro und schaltet das Radio an. Ein Talkmaster macht gerade einen Witz, es sei ein Kamikazepilot ins World Trade Center geflogen. Simpson ärgert sich: "Und das, während wir in Lebensgefahr schweben."

Nordturm des World Trade Centers, zur selben Zeit Die Journalistin Laura Lapreta befindet sich gerade im 52. Stock, als sie eine gewaltige Druckwelle spürt und einen enormen Knall hört. Alles fliegt durcheinander, das Gebäude bewegt sich wie bei einem Erdbeben. Nach einigen Schrecksekunden hat die Schweizerin nur noch einen Gedanken: "Raus, raus, raus!"

Atlanta, 8.48 Uhr Ortszeit Die Sendezentrale von CNN blendet in das laufende Programm einen Balken mit der Eilmeldung ein: "Flugzeug schlägt im World Trade Center ein."

Washington D.C., zur selben Zeit Der leitende Leibwächter von George Tenet kommt an den Frühstückstisch und bittet ihn beiseite. Der CIA-Direktor erkennt am Gesicht seines Personenschützers, dass etwas vorgefallen sein muss. Er erfährt, ein Flugzeug sei ins World Trade Center geflogen. Sofort denkt sich Tenet, der Präsident Bush zuletzt vor vier Wochen vor einem bevorstehenden großen Terroranschlag in den USA gewarnt hatte, dass es sich um eine Tat von al-Qaida handeln müsse. Er teilt Senator Boren die Neuigkeit kurz mit, dann eilt er mit seinem Leibwächter zum Auto, um so schnell wie möglich in die CIA-Zentrale nach Langley (US-Bundesstaat Virginia) zu fahren.

Herndon, zur selben Zeit Aus dem Fernsehen erfährt Ben Sliney in der FAA-Leitstelle, dass ein Flugzeug ins World Trade Center geflogen sei. Noch gibt es kein Bild des Einschlages. Es heißt, es handele sich um eine kleine zweimotorige Maschine.

Rome, 8.49 Uhr Die Radar-Beobachter der Luftverteidigungszentrale suchen auf ihren Schirmen das Echo von American Airlines Flug 11. Sie finden nichts.

Südliches Manhattan, 8.50 Uhr Die Männer des New Yorker Feuerwehr-Bataillons 1 treffen am World Trade Center ein. Sie waren bei einem Einsatz in der Nähe, als sie den Einschlag im Nordturm direkt sahen.

Über West Virginia, 8.51 Uhr Hani Hanjour und seine vier Begleiter entführen American Airlines Flug 77. Die Passagiere und Besatzungsmitglieder werden in den rückwärtigen Teil der Kabine getrieben.

Herndon, zur selben Zeit CNN sendet die ersten Livebilder vom getroffenen Nordturm des World Trade Center. Als der Kameramann heranzoomt, erkennen Ben Sliney und seine Kollegen, dass es keinesfalls eine kleine Sportmaschine war, die eingeschlagen ist. Der Direktor hat den Verdacht, dass es sich um American Airlines Flug 11 gehandelt haben könnte.

Brighton, zur selben Zeit Obwohl Tony Blair nicht gestört werden will, wenn er sich auf eine wichtige Rede vorbereitet, fordert sein Berater Alistair Campbell den Premier auf, zum Fernseher zu kommen: "Das musst Du Dir ansehen."

Über New Jersey, 8.52 Uhr Ortszeit United Flug 175 antwortet nicht auf Fragen der Flugkontrolle.

Südliches Manhattan, 8.52 Uhr Moises Rivas, ein Koch des Restaurants "Windows on the World" in einem der obersten Stockwerke des Nordturms, ruft zu Hause an. Doch seine Frau Linda ist nicht da, seine Stieftochter geht an den Apparat. Rivas sagt ihr: "Macht Euch keine Sorgen um mich, es geht mir gut." Das Mädchen soll ihrer Mutter ausrichten, dass er sie liebe.

Fliegerhorst Otis, 8.53 Uhr Ortszeit Zwei Abfangjäger starten und nehmen Kurs nach Osten auf das offene Meer, wie es ihren Einsatzplänen entspricht. Die Piloten haben nicht erfahren, dass NEADS sie über New York braucht.

New York, zur selben Zeit Ein Fluglotse erkennt, dass United Flug 175 wahrscheinlich ebenfalls entführt worden ist.

Berlin, zur selben Zeit Beide deutschsprachigen Nachrichtensender, N-TV und N 24, unterbrechen ihr Programm und schalten um auf Livebilder aus New York.

Saratosa, 8.55 Uhr Ortszeit Auf dem Weg von seiner Fahrzeugkolonne zur Aula der Emmn-Booker-Grundschule erfährt George W. Bush von seinem Berater Karl Rove, dass ein Flugzeug ins World Trade Center geflogen ist. Er geht davon aus, dass es sich um ein kleines Sportflugzeug handelt. Wenig später erfährt er, dass es ein Verkehrsflugzeug gewesen sein soll. Bush, der selbst Düsenjets geflogen hat, wundert sich, dass der Pilot der Maschine so schlecht fliegt, dass er bei blauem Himmel ein Hochhaus rammt.

Berlin, zur selben Zeit Gerhard Schröder ist zurück in seinem Büro und macht sich an die Rede, die er am kommenden Tag im Bundestag halten will. Seine Büroleiterin informiert ihn über die Ereignisse in Manhattan.

Südliches Manhattan, zur selben Zeit Die Handelsberaterin Melissa H. Hughes, die zu einer Konferenz im 101. Stock des Nordturms aus Kalifornien nach New York gekommen ist, ruft völlig verzweifelt ihren Vater an. Er versucht, die 31-Jährige zu beruhigen, und schaltet CNN ein. Obwohl er erschrickt, versucht er, ganz ruhig zu bleiben und empfiehlt ihr: "Du gehst jetzt zum Treppenflur und verlässt dieses Gebäude so schnell du kannst. Ich liebe Dich." Melissa antwortet: "Ich liebe Dich auch, Dad. Du musst mir einen Gefallen tun. Du musst Sean anrufen und ihm sagen wo ich bin und dass ich ihn liebe."

Über West Virginia, 8.56 Uhr American Airlines Flug 77 schaltet den Transponder aus, mit dem seine Bewegungen automatisch in der Flugleitzentrale angezeigt werden.

Berlin, zur selben Zeit Als Joschka Fischer vom Adlon in das Ministerbüro im Auswärtigen Amt zurückkehrt, sitzen seine engsten Mitarbeiter um einen Fernseher und sehen gebannt auf die Livebilder aus New York. Der Außenminister fragt seinen Büroleiter: "War es ein Terroranschlag oder ein Unfall?" Eine klare Antwort darauf bekommt er nicht – niemand weiß, was vorgefallen ist.

Südliches Manhattan, 8.57 Uhr Ortszeit Der 34-jährige Chris Hanley ruft beim Polizeinotruf an: "Ich befinde mich im 106. Stock des World Trade Centers. Es gab gerade eine Explosion, ich denke im 105. Stock oder so." Hanley berichtet weiter, dass die Explosion während einer Konferenz geschah und sich deswegen sehr viele Menschen im gleichen Stock wie er aufhalten. Er bekommt die Empfehlung: "Bleiben Sie ruhig. Und rühren Sie sich nicht von der Stelle, okay? Es gibt ein Feuer oder eine Explosion in diesem Gebäude. Ich möchte, dass sie da bleiben, wo sie sind. Wir kommen hoch, um sie zu holen." Hanley antwortet: "Okay, bitte beeilen Sie sich. Wir haben kaum noch Luft hier."

Berlin, 14.58 Uhr Als erster großer deutscher TV-Sender unterbricht Sat1 sein Programm, um eine Sondermeldung aus New York zu bringen. Nach einer Minute kehrt der Privatsender zurück zum normalen Programm und strahlt eine Gerichtsshow aus.

Hamburg, eine Minute später Die reguläre "Tagesschau"-Ausgabe um 15 Uhr berichtet über einen mutmaßlichen Flugzeugunfall in New York.

Saratosa, 9 Uhr 16 Grundschüler beginnen, ihrem Gast George W. Bush vorzulesen. Der Präsident ist fahrig und unkonzentriert, bemüht sich aber, ruhig zu wirken.

New York, zur selben Zeit Ein Fluglotse spricht mit der FAA-Zentrale in Herndon: "Das ist eine ganz, ganz große Sache hier … Wir brauchen das Militär … Wir stecken hier in irgendetwas ganz Üblem."

Über New Jersey, 9.02 Uhr Ortszeit Von Südwesten aus fliegt United Flug 175 auf die Spitze von Manhattan zu. Zahlreiche Kameras verfolgen den Anflug. Auf den Livebildern von CNN und anderen Sendern aber, die den brennenden Nordturm zeigen, ist die Maschine nicht zu erkennen.

Berlin, 15.03 Uhr Der griechische Außenminister Georgios Panpandreou ruft im Auswärtigen Amt an. Joschka Fischer geht in sein Büro, um das Gespräch zu führen.

Rome, 9.03 Uhr Die Luftverteidigungszentrale NEADS erfährt, dass ein zweites Flugzeug entführt worden ist.

Südliches Manhattan, 9.03.11 Uhr Die Boeing 767 schlägt in starker Seitenlage zwischen dem 78. und dem 84. Stockwerk in den Südturm des World Trade Centers ein. Ein gewaltiger Feuerball schießt auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Gebäude, eines der beiden Triebwerke durchschlägt die Fassade und landet sechs Blocks weiter an der Murray Ecke Church Street. Zwei Drittel der tragenden Säulen des Südturms werden zerstört oder schwer beschädigt, auf den übrigen lasten fast 100.000 Tonnen Gewicht.Von den 65 Menschen an Bord von Flug 175 werden die sterblichen Überreste von nur zwei Passagieren sicher identifiziert.

In aller Welt, zur selben Zeit Auf vielen Millionen Fernsehgeräten ist der zweite Einschlag live zu sehen. Jetzt ist es klar, dass es sich nicht um einen Unfall, sondern um einen direkten Angriff handelt.

Berlin, 15.04 Uhr Gerhard Schröder bekommt in seinem Büro einen Anruf seiner Frau Doris. Er solle sofort den Fernseher anschalten. Der Bundeskanzler ist erschüttert und erschrocken und für kurze Zeit nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

Saratosa, zur selben Zeit In der Aula der Emma-Booker-Grundschule empfangen viele der anwesenden Stabsmitarbeiter und Journalisten Eilmeldungen auf ihren Telefonen und Pagern.

Berlin, 15.05 Uhr Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Peter Struck, sitzt in seinem Büro und überlegt, wie er weiter mit den Eskapaden des Verteidigungsministers Rudolf Scharping umgehen soll. Plötzlich betritt seine Referentin das Büro, geht zum Fernseher und schaltet ihn wortlos ein. Struck denkt sich noch, es gehe um neueste Entwicklungen im Fall Scharping; vielleicht sei er zurückgetreten. Dann sieht er, was wirklich vorgefallen ist. Mechanisch wählt er die Nummer des Kanzlerbüros, doch auch dort kann niemand erklären, was vor sich geht.

Saratosa, 9.07 Uhr Der Stabschef des Weißen Hauses, Andrew Card, hat kurz gewartet, bis ein Kind beim Vorlesen gerade eine Pause macht, dann geht er zu Präsident Bush und flüstert ihm ins Ohr: "Ein zweites Flugzeug ist ins World Trade Center eingeschlagen. Amerika wird angegriffen." Bush wird aschfahl, bleibt aber sitzen und hört den Kindern weiter zu.

Rome, wenig später Der diensthabende Offizier im NEADS erfährt vom Einschlag im zweiten Turm und gibt den Befehl, dass die beiden Abfangjäger aus Otis sofort nach New York fliegen sollen. Er darf aber den Einsatz von Waffen gegen Zivilflugzeuge nicht freigeben. Der Oberst telefoniert mit mehreren Vorgesetzten, um zu erfahren, wer einen Abschuss autorisieren darf.

Köln, 15.09 Uhr RTL unterbricht die laufende Quizshow. Nachrichtenmoderator Peter Kloeppel unterrichtet die Zuschauer von den Ereignissen in New York, dazu werden Livebilder und Aufnahmen vom Einschlag des zweiten Flugzeugs in den Südturm gezeigt.

Langley, 9.10 Uhr Der Wagen von George Tenet erreicht mit Blaulicht die CIA-Zentrale. Erst bei seiner Ankunft erfährt der Geheimdienstchef, dass ein zweites Flugzeug ins World Trade Center eingeschlagen ist.

Über dem Atlantik nahe der US-Ostküste, 9.13 Uhr Die Piloten der beiden F-15-Abfangjäger der Otis Air Force Base wenden und fliegen mit maximaler Marschgeschwindigkeit nach New York.

New York, 9.15 Uhr Die Fluglotsen bestätigen anhand der aufgezeichneten Flugbewegungen, dass tatsächlich United 175 das Flugzeug war, das den Südturm getroffen hat.

Köln, 15.15 Uhr RTL setzt die Quizshow "Der Schwächste fliegt!" fort.

Langley, zur selben Zeit George Tenet hat seinen Konferenzraum erreicht, wo ihn Antiterrorspezialisten und die CIA-Führung erwarten. Alle Anwesenden sind sich sicher, dass al Qaida zugeschlagen hat.

Saratosa, 9.16 Uhr George W. Bush steht in der Aula der Emma-Booker-Grundschule auf. Ein Journalist ruft ihm zu: "Mr. Präsident, wissen Sie Bescheid über den Flugzeug-Unfall in New York?" Bush antwortet: "Ich werde gleich darüber sprechen!" Er gibt der Lehrerin noch kurz die Hand, dann geht er in den Vorraum, um sich mit seinem Stab zu besprechen.

Unter Washington D.C., zur selben Zeit Vizepräsident Dick Cheney und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice sind von ihren Leibwächtern in den atombombensicheren Bunker unter dem Weißen Haus gebracht worden. Von hier aus versuchen sie, einen Überblick über die Lage zu bekommen. Auf mehreren Bildschirmen läuft CNN, Assistenten telefonieren mit Ministerien und Geheimdiensten. Es sind so viele Menschen in dem kleinen Bunker, dass der Secret Service bald einige weniger wichtige Personen des Raumes verweist.

Hamburg, 15.17 Uhr Die ARD sendet nach der regulären "Tagesschau"-Ausgabe die Tierdokumentation "Abenteuer Wildnis".

Südliches Manhattan, 9.19 Uhr Hunderte Menschen strömen aus dem Südturm des World Trade Centers. Die Evakuierung der Stockwerke unter dem Einschlag läuft erstaunlich glatt, obwohl gleichzeitig Feuerwehrleute die Nottreppen hinaufhetzen.

Saratosa, 9.22 Uhr An einem Tisch sitzend, telefoniert George W. Bush mit dem Bunker des Weißen Hauses. Es werden keine Entscheidungen getroffen, auch nicht, ob die Air Force entführte Zivilflugzeuge abschießen darf.

Rome, 9.24 Uhr Die Luftverteidigungszentrale NEADS stellt fest, dass auch American Airlines Flug 77 wahrscheinlich entführt worden ist und Kurs auf Washington nimmt. Sofort werden zwei Abfangjäger der nächstgelegenen Fliegerbasis alarmiert.

Über Pennsylvania, zur selben Zeit Im Cockpit von United Flug 93 kommt eine Textnachricht aus der United-Zentrale an: "Achtung, vor einem möglichen Eindringen ins Cockpit wird gewarnt!" Ein Fluglotse wiederholt die Warnung und teilt den Piloten mit, dass zwei Flugzeuge ins World Trade Center geflogen sind.

Mainz, zur selben Zeit Das ZDF bringt die erste Sondermeldung zum "Terrorkrieg gegen Amerika".

Herndon, 9.25 Uhr Ben Sliney erlässt ein allgemeines Startverbot für Flugzeuge in den gesamten USA. Er überlegt auch, wie schnellstmöglich alle Maschinen zum Landen gebracht werden können, die sich in der Luft befinden. Ein Mitarbeiter warnt ihn: "4200 Flugzeuge! Das kostet uns Milliarden!"

Über Pennsylvania, 9.28 Uhr Zwei der vier Entführer dringen ins Cockpit von United Flug 93 ein. Einer tötet beide Piloten und zerrt ihre Körper in die Pantry. Ziad Jarrah übernimmt das Steuer.

Köln, zur selben Zeit RTL setzt sein geplantes Programm ab und sendet bis 22.30 Uhr nur noch über den Terrorangriff auf New York.

Saratosa, 9.29 Uhr Präsident Bush gibt in der Emma-Booker-Grundschule ein kurzes Statement ab: "Heute erleben wir eine nationale Tragödie. Zwei Flugzeuge sind in das World Trade Center eingeschlagen. Es handelt sich offensichtlich um eine Terrorattacke auf unser Land."

Hamburg, 15.32 Uhr Die ARD unterbricht den Tierfilm für eine dreiminütige Sondersendung über die Ereignisse in New York.

Saratosa, 9.34 Uhr Die Fahrzeugkolonne des US-Präsidenten verlässt die Emma-Booker-Grundschule und rast zum Flughafen von Saratosa, wo die Air Force One startbereit steht.

Herndon, zur selben Zeit Die FAA-Leitzentrale informiert die Luftverteidigungszentrale NEADFS, dass Flug 77 der American Airlines verschwunden ist.

Herndon, zur selben Zeit Ein anderer Mitarbeiter der FAA stellt fest, dass auch Flug 93 der United Airlines entführt wurde.

Washington D.C., 9.37.46 Uhr Direkt von Westen rast die Boeing 757 im extremen Tiefflug in das Pentagon. Hunderte Menschen sehen, wie die Maschine über den viel befahrenen Washington Boulevard hinwegdröhnt. Sie schlägt in Höhe des ersten Stocks in das Gebäude ein. Einige Trümmerteile prallen an den massiven Wänden ab und schlagen auf der Wiese vor dem Pentagon auf. Später werden anhand von DNA-Spuren alle Besatzungsmitglieder und 52 der 53 Passagiere eindeutig identifiziert; fünf menschliche Überreste können mangels Vergleichsproben nicht identifiziert werden. Es handelt sich um die fünf Entführer.

Über Ohio, 9.38 Uhr Flug 93 der United Airlines beendet seinen Schwenk um 135 Grad vom vorgesehenen Kurs. Neue Flugrichtung ist Ostsüdost, direkt auf Washington D. C. zu.

In aller Welt, 9.39 Uhr Unzählige TV-Sender zeigen inzwischen die Livebilder aus New York. Jetzt kommt eine weitere Eilmeldung: Auch über der US-Hauptstadt steht eine gewaltige Rauchwolke. Zunächst ist unklar, welches Gebäude brennt.

Herndon, 9.40 Uhr Zum ersten Mal in der Geschichte erlässt die FAA ein totales Flugverbot im Luftraum über den USA. Alle Maschinen müssen den nächstgelegenen Flughafen ansteuern. Nur noch militärische und zwingend erforderliche medizinische Flüge sind zulässig.

Über Ohio, 9.42 Uhr Aus der Kabine von Flug 93 ruft der 31-jährige Mark Bingham seine Mutter an: "Ich wollte Dich wissen lassen, dass ich Dich liebe. Ich rufe aus dem Flugzeug an. Wir sind entführt worden. Es sind drei Männer und die sagen, sie hätten eine Bombe."

Mainz, 15.43 Uhr Das ZDF beginnt seine zweite Sondersendung; es folgen weitere.

Saratosa, zur selben Zeit Der Autokonvoi mit George W. Bush erreicht die Air Force One. Der Präsident eilt an Bord. Er befiehlt dem Secret Service: "Bringen Sie meine Frau und meine Töchter in Sicherheit." Laura Bush ist in Washington D.C., die Zwillingsschwestern auf ihren Universitäten.

Über Ohio, 9.45 Uhr Zum dritten Mal innerhalb weniger Minuten telefoniert Tom Burnett aus United Flug 93 mit seiner Frau. Sie erzählt ihm vom Einschlag eines dritten Flugzeuges im Pentagon. Tom glaubt nicht, dass die Bombe echt ist, mit der einer der beiden Entführer in der Kabine die Passagiere bedroht.

Auf allen US-Militärstützpunkten, zur selben Zeit Nach dem Einschlag im Pentagon wird die Alarmstufe für alle Einheiten auf Stufe Delta erhöht. So hoch war sie seit 1973 nicht mehr.

Hamburg, 15.48 Uhr Die ARD startet eine über vierstündige Sonderausgabe der "Tagesthemen".

Washington D.C., zur selben Zeit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ist von seinem Büro in einen anderen Flügel des Pentagon zur Einschlagstelle gerannt und hilft dort, Verletzte zu bergen. Erst als ein Offizier ihn auffordert, sich in die Einsatzzentrale zu begeben, geht Rumsfeld.

Über Washington D.C., 9.49 Uhr Zwei Abfangjäger kommen über der Hauptstadt an und beginnen zu kreisen.

Südturm des World Trade Centers, 9.50 Uhr Aus dem 105. Stockwerk erreicht der 46-jährige Kevin Cosgrove den Notruf. Es fällt ihm schwer zu sprechen, seine Stimme bricht immer wieder ab. Er sagt nur: "Ich kann kaum was sehen." Dann sagt er zur Mitarbeiterin am Notruf: "Lady, wir sind zu zweit in diesem Büro. Wir sind noch nicht bereit zu sterben, es wird immer schlimmer hier." Doch sie kann nichts anderes tun, als ihn wider besseres Wissen zu beruhigen: "Okay, blieben Sie ruhig. Wir kommen zu Ihnen so schnell es geht."

Unter Washington D.C., 9.55 Uhr Im Bunker des Weißen Hauses erfährt Vizepräsident Richard Cheney, dass ein weiteres entführtes Flugzeug nur noch 140 Kilometer von der Hauptstadt entfernt sei. Ein Verbindungsoffizier fragt ihn: Sollen wir eingreifen?" Cheney antwortet: "Ja." Einen klaren Befehl zum Abschuss erteilt er nicht.

Über Pennsylvania, 9.56 Uhr Der Passagier Todd Beamer hat zwölf Minuten lang mit einer Mitarbeiterin der Telefongesellschaft gesprochen, weil er seine Familie nicht erreicht. Jetzt sagt Beamer ihr, mehrere Passagiere wollten die Entführer zu überwältigen versuchen. Dann legt er den Hörer weg, doch die Leitung bleibt offen. Sie hört: "Seid ihr Jungs fertig? Lasst es uns anpacken!" Sie überwältigen ein oder zwei der Entführer und dringen bis zum Cockpit vor.

Über Pennsylvania, anderthalb Minuten später Ziad Jarrah, der Pilot im Cockpit von Flug 93, fragt laut: "Ist da etwas? Ein Kampf?" Er reißt das Flugzeug in den Sturzflug, um die angreifenden Passagiere zu verletzen.

Südturm des World Trade Centers, 9.58 Uhr Kevin Cosgrove spricht seine letzten Worte: "Wir gucken in ... wir können das Finance Center sehen. Wir sind zu dritt. Zwei zerbrochene Fensterscheiben. Oh Gott. Oh ..."

Südliches Manhattan, 9.59.04 Uhr Der Südturm des World Trade Centers beginnt einzustürzen. Innerhalb von zehn Sekunden bricht der 410 Meter hohe Stahlkoloss in sich zusammen. Die oberen Stockwerke drücken auf die beschädigten Pfeiler, die durch die hohen Temperaturen des Feuers sind. Als das erste Stockwerk nachgibt, kommt es zu einer Kettenreaktion.

In aller Welt, zur selben Zeit Der Einsturz des Südturms wird von den meisten großen TV-Sendern live übertragen. Noch nie zuvor haben so viele Menschen direkt eine Katastrophe sehen können. Rund 900 Menschen, die meisten davon gefangen oberhalb der Einschlagsstelle, sterben.

Saratosa, zur selben Zeit Mit George W. Bush an Bord hebt die Air Force One im Alarmstart ab.

Über Pennsylvania, 10.00.25 Uhr Der Stimmenrekorder von United Flug 93 zeichnet die Stimme eines Amerikaners auf: "Ins Cockpit. Wenn wir das nicht schaffen, werden wir alle sterben!" Die Tür zum Cockpit ist zu dieser Zeit bereits aufgebrochen.

Unter Washington D.C., 10.02 Uhr Im Bunker des Weißen Hauses treffen Meldungen ein, dass ein entführtes Flugzeug die US-Hauptstadt anfliege.

Über Pennsylvania, 10.02.23 Uhr Trotz der extremen Flugmanöver von Ziad Jarrah setzen die Passagiere ihren Versuch fort, die Entführer aus dem Cockpit zu vertreiben. Ein Araber, der neben Jarrah sitzt, ruft laut: "Lass sie abstürzen! Lass sie abstürzen!" Laut Radardaten geht die Boeing 757 Sekunden darauf in einen steilen Sturzflug.

Shanksville, 10.03.11 Uhr Mit mehr als 900 Stundenkilometern zerschellt United Flug 93 auf einem Feld. Die meisten Trümmer graben sich in die Erde ein, aber einige größere Reste prallen vom Boden ab und landen in dem direkt benachbarten Wald. Später werden DNA-Spuren von 44 Personen gesichert, genau so viele, wie an Bord waren. 41 davon werden identifiziert. Allen Passagieren, allen Besatzungsmitgliedern und Ziad Jarrah können winzig kleine Überreste eindeutig zugeordnet werden. Von den drei anderen Entführern gibt es keine Vergleichsproben.

Südliches Manhattan, 10.07 Uhr Ein Hubschrauber der New Yorker Polizei meldet, dass sich die Stockwerke des Nordturms oberhalb der Einschlagstelle von American Airlines Flug 11 zu neigen beginnen.

Washington D.C., 10.10 Uhr Der getroffene Teil des Pentagons stürzt ein.

Manhattan, 10.13 Uhr Nach einer unspezifischen Warnung wird das Hochhaus der Vereinten Nationen am East River evakuiert.

Herndon, 10.15 Uhr Innerhalb von 35 Minuten seit dem Landebefehl sind in den gesamten USA etwa 2000 Zivilflugzeuge gelandet. Weitere 2200 befinden sich noch in der Luft und warten auf ihre Landefreigabe.

Unter Washington D.C., 10.18 Uhr Vizepräsident Richard Cheney gibt den Befehl, weitere entführte Flugzeuge abzuschießen, wenn sie sich weigern, den Befehlen des US-Militärs zu folgen. Einen formalen Befehl von Präsident Bush dazu gibt es zu dieser Zeit noch nicht.

Südliches Manhattan, 10.28.31 Uhr Der Nordturm des World Trade Centers beginnt einzustürzen. Innerhalb von neun Sekunden stürzen eine Viertelmillion Tonnen Stahl, Beton und anderes Material ineinander. Beim Einsturz kommen mindestens tausend Menschen ums Leben, die meisten davon in den Stockwerken oberhalb des Einschlages, aber auch viele, die auf Nottreppen zu flüchten versuchen, und Feuerwehrleute, die helfen wollen.

In der Luft über dem Südosten des USA, 10.32 Uhr Präsident Bush und sein Vize Cheney telefonieren. Bush sagt: "Wir werden herausfinden, wer uns das angetan hat, und dann werden wir sie in den Arsch treten."

Washington D.C., 10.45 Uhr Alle Regierungsgebäude werden evakuiert.

Berlin, 16.50 Uhr Bundeskanzler Schröder telefoniert mit Bundespräsident Johannes Rau (SPD), der gerade auf Staatsbesuch in Finnland weilt.

New York, 11.02 Uhr Bürgermeister Rudolph Giuliani ordnet die Evakuierung des südlichen Teils von Manhattan an. Über Brücken und Tunnel strömen die Menschen aus der Gefahrenzone. Auch Touristenboote der Circle-Line und anderer Anbieter beteiligen sich mit Fährfahrten an der Evakuierung.

Barksdale (US-Bundesstaat Louisiana), 11.40 Uhr Nach rund hundert Minuten Flug landet die Air Force One auf dem Luftwaffenstützpunkt. Alle Personen an Bord sind angewiesen, ihre Handys ausgeschaltet zu lassen, damit nicht der Standort des Präsidenten ermittelt werden kann. Präsident Bush eilt sofort in einen verbunkerten Befehlsstand. Er gibt ein kurzes Statement ab: "Die Freiheit selbst ist heute hinterrücks angegriffen worden. Die Freiheit wird verteidigt werden!"

Washington D.C., 12 Uhr Dank der von Stewardessen aus den entführten Maschinen durchgegebenen Informationen, der Passagierlisten und Buchungsdaten sowie der zentral gespeicherten Einreisedaten kann das FBI 19 junge Männer arabischer Herkunft als potenzielle Entführer identifizieren. Alle hatten One-Way-Tickets, im Gegensatz zu den meisten anderen Passagieren an Bord der vier Flugzeuge. Nachgewiesen werden kann außerdem, dass es Verbindungen zwischen den Arabern auf verschiedenen Maschinen gibt: Einige ihrer Flüge sind mit denselben Kreditkarten gebucht worden.

Herndon, 12.16 Uhr Bis auf 50 Maschinen sind alle Flugzeuge, deren Landung die FAA um 9.40 Uhr angeordnet hatte, sicher gelandet. Keine der restlichen Maschinen, die noch auf eine Landefreigabe warten, meldet Probleme.

Barksdale, 12.35 Uhr Zum zweiten Mal gibt Präsident Bush ein kurzes Statement ab, genau 219 Wörter. Der entscheidende Satz lautet: "Die USA werden die Verantwortlichen für diese hinterhältigen Taten jagen und zur Strecke bringen."

Berlin, zur selben ZeitBundeskanzler Schröder gibt eine erste Erklärung zu den Ereignissen in den USA ab: "Dies ist eine Kriegserklärung gegen die gesamte zivilisierte Welt. Wer diesen Terroristen hilft oder sie schützt, verstößt gegen alle fundamentalen Werte, die das Zusammenleben der Völker ermöglichen, auch untereinander."

Boston, gegen 12.45 Uhr Auf dem Flughafen wird das Gepäck von Mohammed Atta identifiziert, das aus Zeitmangel nicht mehr vom Zubringerflug aus Portland in Flug 11 der American Airlines umgeladen wurde. Darin findet sich unter anderem eine Art Testament, verfasst im April 1996.

Washington D.C., 13.44 Uhr Das US-Verteidigungsministerium gibt bekannt, dass zwei Flugzeugträger und fünf weitere Kriegsschiffe ausgelaufen sind, um die Ostküste der USA vor weiteren Angriffen zu schützen.

Barksdale, 13.48 Uhr Die Air Force One mit George W. Bush an Bord hebt ab. Der Präsident will nach Washington D. C. geflogen werden, doch sein Stab rät davon ab. Neues Ziel ist der Luftwaffenstützpunkt Offut (US-Bundesstaat Nebraska).

Helsinki, kurz vor 20 Uhr Bundespräsident Johannes Rau sagt kurzfristig seine Teilnahme am Empfang aus Anlass seines Staatsbesuches ab: "Dieser Tag hat die Welt verändert. Ein schreckliches Ereignis, dessen Ausmaß wir noch nicht kennen. Wir hören Zahlen von Toten, aber ob die Zahlen 3- oder 4-stellig sind, ob man die Täter ergreift, ob man Mittel gegen den Terror findet, das Leid, das heute über Menschen gekommen ist, ist nie ungeschehen zu machen."

Statt der vorgesehenen fröhlichen Musik wird es Trauergesänge geben. Dann sagt Rau noch: "Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich angesichts der ungezählten Toten und des schrecklichen Geschehens von heute nicht selber zu diesem Empfang komme und ich kann alle verstehen, die dann an die Fernsehgeräte gehen wollen und sehen wollen, was geschehen ist und wie das Leben weitergehen kann." Rau eilt zum Flughafen, um nach Berlin zurückzukehren.

Herndon, 14.30 Uhr Die FAA gibt bekannt, dass auch am 12. September im US-Luftraum kein Flugverkehr stattfinden wird.

Über Missouri, 14.36 Uhr Präsident George W. Bush telefoniert mit seinem Vater, dem ehemaligen Präsidenten George H. W. Bush. Er befindet sich in Milwaukee. "Was tust Du dort?", fragt Bush junior. "Du hast mein Flugzeug zur Landung gezwungen", antwortet Bush senior trocken.

Berlin, zur selben ZeitEin zweites Mal gibt Gerhard Schröder eine Stellungnahme ab: "Es geht jetzt um Solidarität mit den Vereinigten Staaten, es geht um die Tatsache, dass Deutschland fest an der Seite der Vereinigten Staaten steht, und uneingeschränkt, ich betone das, uneingeschränkte Solidarität übt. Und damit sind alle im Bundestag vertretenden Parteien einverstanden ..."

Offutt, 15.06 Uhr Die Air Force One landet auf dem Luftwaffenstützpunkt, der zugleich Hauptquartier der Strategischen Luftstreitkräfte der USA ist.

Offutt, 15.30 Uhr Im Bunker des US Strategic Command beginnt eine Videokonferenz des Nationalen Sicherheitsrates. CIA-Chef George Tenet berichtet, er sei ziemlich sicher, dass es sich bei den vier Flugzeugentführungen um den "großen Schlag" handelt, den die US-Geheimdienste vom Terrornetzwerk al-Qaida erwartet hatten. Präsident Bush ordnet an: "Die erste Aufgabe ist, die Täter zu finden und zu ergreifen."

Colorado Springs, 16.30 Uhr Das Oberkommando des nordamerikanischen Luftverteidigungskommandos dementiert Gerüchte, denen zufolge ein Jäger die über Pennsylvania abgestürzte Boeing 757 abgeschossen habe.

Offutt, 16.36 Uhr Die Air Force One verlässt den Stützpunkt des US Strategic Commands und fliegt Richtung Washington.

Südliches Manhattan, 17.20.33 Uhr Das Hochhaus World Trade Center 7 stürzt in sich zusammen. Es war beim Einsturz des Nordturms beschädigt worden und hatte seitdem gebrannt. Menschen kommen nicht zu Schaden, da die Umgebung evakuiert ist.

Bagdad, 2.00 Uhr Das irakische Staatsfernsehen verbreitet eine offizielle Mitteilung. Die Anschläge in New York und Washington seien "das Ergebnis der Verbrechen der USA gegen die Menschheit".

Kabul, zur selben Zeit Aus der afghanischen Hauptstadt werden Detonationen gemeldet. Sofort kommt das Gerücht auf, es handele sich um amerikanische Marschflugkörper. Mit diesen Waffen hatte der vorherige US-Präsident Bill Clinton mehrfach auf Attentate reagiert.

Andrews, 18.34 Uhr Die Air Force One landet auf ihrem Heimatstützpunkt bei Washington D.C. Präsident Bush fliegt mit einem Helikopter weiter zum Weißen Haus, wo er 20 Minuten später ankommt. Für 20.30 Uhr setzt er eine TV-Ansprache an das amerikanische Volk an.

Washington D.C., 19.30 Uhr Das Pentagon dementiert den Einsatz von Marschflugkörpern gegen Afghanistan.

New York, 19.45 Uhr Die Polizei vermisst seit dem Einsturz der beiden Türme des World Trade Centers 78 Beamte, die Feuerwehr mehr als 320 Mann.

Washington D.C., 20.30 Uhr US-Präsident Bush wendet sich aus dem Weißen Haus an die amerikanische Nation: "Heute wurden unsere Mitbürger, unsere Lebensweise und unsere Freiheit in einer Serie bewusster und tödlicher terroristischer Attacken angegriffen. Tausende von Leben sind plötzlich durch bösartige, verachtenswerte Terrorakte ausgelöscht worden." Bush versichert, dass die Regierung arbeitsfähig ist und kündigt an, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen: "Wir werden keinen Unterschied machen zwischen den Terroristen, die diese Attacken ausgeführt haben, und denen, die ihnen Unterschlupf bieten."

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