Minutenprotokoll: Wie der Aufstand gegen Hitler missglückte
Am Ende kam es nur noch darauf an, vor der Geschichte den entscheidenden Schritt gewagt zu haben. Die bürgerlich-militärische Opposition um Henning von Tresckow, Claus Graf von Stauffenberg und Ludwig Beck wusste im Sommer 1944, nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Osten, dass auch ein erfolgreicher Tyrannenmord dem Deutschen Reich eine Kapitulation nicht ersparen würde.
Schon vorher hatte es ein halbes Dutzend Anläufe gegeben, den Diktator zu beseitigen. Zuletzt am 15. Juli. Den Verschwörern war bekannt, dass ihr Vorhaben kurz vor der Aufdeckung stand. Also setzten sie alles auf eine Karte. Doch der Staatsstreich scheiterte tragisch.
Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg wird von seinem Fahrer an seiner Berliner Wohnung abgeholt. Ziel ist der Flughafen Rangsdorf südlich der Reichshauptstadt.
Zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant Werner von Haeften besteigt Stauffenberg das morgendliche Kurierflugzeug zum Führerhauptquartier "Wolfsschanze" im Rastenburger Wald in Ostpreußen.
Beim Militärbefehlshaber trifft das Schlüsselwort ein, dass erneut das Attentat versucht werden soll.
Die Kuriermaschine mit Stauffenberg und Haeften an Bord landet sechs Kilometer vom geheimen Standort des Führerhauptquartiers entfernt.
Zusammen mit anderen Offizieren frühstücken Stauffenberg und Haeften vor dem Kasino des Führerhauptquartiers.
Polizeipräsident Wolf Graf Helldorf, NSDAP-Mitglied seit 1930 und trotzdem Mitwisser der Verschwörung, erfährt, dass der Staatsstreich tatsächlich stattfinden soll.
Stauffenberg geht zu einer Vorbesprechung beim Wehrmachtsführungsstab. Es geht um seinen Vortrag bei Hitler über die vorgesehenen "Sperrdivisionen".
Zusammen mit anderen Offizieren geht Stauffenberg zu Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, dem höchsten Soldaten im Führerhauptquartier. Die Besprechung dauert eine dreiviertel Stunde.
Hitlers Kammerdiener Heinz Linge ruft bei Keitel an, um an die Vorverlegung der täglichen Lagebesprechung von 13 auf 12.30 Uhr zu erinnern. Grund ist der für den Nachmittag vorgesehene Besuch von Benito Mussolini.
Stadtkommandant Generalleutnant Paul von Hase, ein Mitverschwörer, wird über das bevorstehende Attentat informiert.
Keitel und andere Offiziere, darunter Stauffenberg, gehen hinüber in den "Sondersperrkreis A", wo die Lagebesprechung in einer Baracke stattfinden soll.
Unter dem Vorwand, sein Hemd wechseln zu wollen, zieht sich Stauffenberg mit seinem Adjutanten kurz in einen Nebenraum zurück. Dort machen die beiden eine der beiden mitgebrachten Sprengladungen scharf, werden dann aber gestört. Bis zur Auslösung der Bombe kann es zwischen 14 und 29 Minuten dauern.
Hitler erscheint pünktlich zur Lagebesprechung.
Paul von Hase fordert Kriminalbeamte an, die sich mit den verschiedenen Reichsministerien auskennen. Gründe werden nicht genannt.
Keitel stellt Stauffenberg Hitler vor – dabei ist Stauffenberg bereits zum dritten Mal innerhalb von neun Tagen im Führerhauptquartier.
Unter einem Vorwand verlässt Stauffenberg die Lagebaracke und trifft sich außerhalb des "Sondersperrkreises A" mit Haeften.
In der Lagebaracke detoniert die Sprengladung. Stauffenberg zuckt genauso wie alle anderen Augen- und Ohrenzeugen heftig zusammen.
Stauffenberg und Haeften verlassen trotz einiger Schwierigkeiten wegen des umgehend ausgelösten Alarms das Führerhauptquartier und lassen sich zum Flugplatz von Rastenburg fahren.
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels erfährt von dem Attentat im Führerhauptquartier. Details kann er nicht in Erfahrung bringen, denn inzwischen sind die meisten Telefon- und Funkverbindungen zur "Wolfsschanze" unterbrochen.
Stauffenberg und Haeften starten mit einer eigens bereitgestellten Maschine nach Berlin.
Zwei Mitverschwörer informieren ihre Freunde in Berlin, dass Hitler das Attentat leicht verletzt überlebt hat.
SS-Chef Heinrich Himmler kommt aus seinem ostpreußischen Hauptquartier "Hochwald" im Führerhauptquartier an.
Der Verdacht richtet sich zum ersten Mal gegen Stauffenberg, der kurz nach dem Attentat überstürzt das Führerhauptquartier verlassen hat.
Den Mitverschwörer Oberst Eberhard Finckh erreicht aus Berlin die Bestätigung, dass das Attentat erfolgt sei. Er fährt daraufhin zum Chef des Generalstabs des Oberbefehlshabers West.
Die SS überwacht die gesamte Kommunikation des Führerhauptquartiers.
Oberst Finckh meldet seinem Vorgesetzten den Tod Hitlers und die Bildung einer neuen Regierung unter Ludwig Beck und Carl Friedrich Goerdeler.
Generalleutnant Fritz Thiele, der Chef der Wehrmacht-Nachrichtenverbindungen, überbringt die Nachricht, dass es bei einer Explosion im Führerhauptquartier mehrere Tote gegeben habe. Doch noch warten die Mitverschwörer Generaloberst a. D. Erich Hoepner und General Friedrich Olbricht mit der Auslösung des Staatsstreichplans.
Stauffenberg und Haeften landen auf dem Flugplatz. Haeften gibt telefonisch die Nachricht vom angeblichen Tod Hitlers an die Mitverschwörer in der Bendlerstraße durch, der Zentrale des Staatsstreichs.
Oberst Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, General Olbrichts Stabschef und Stauffenbergs Vertrauter, setzen telefonisch Truppen im Berliner Raum in Marsch.
Auf dem kleinen Bahnhof des Führerhauptquartiers trifft der Sonderzug mit Benito Mussolini ein. Hitler begrüßt ihn.
Stauffenbergs direkter Vorgesetzter Generaloberst Friedrich Fromm telefoniert mit Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel in der "Wolfsschanze". Er erfährt vom Attentat, hört aber gleichzeitig mit, dass Hitler nur leicht verletzt sei. Fromm, der ein Mitwisser, aber kein Mitverschwörer ist, befiehlt daraufhin, den Staatsstreichplan nicht einzuleiten.
Trotz dieser Weisung löst Mertz von Quirnheim die Operation "Walküre" aus. Major Ernst-Otto Remer vom Wachbataillon "Großdeutschland" erhält den Befehl, mit seinen Männern das Regierungsviertel abzuriegeln.
Polizeipräsident Helldorf wird in die Bendlerstraße befohlen.
Endlich treffen Stauffenberg und Haeften in der Bendlerstraße ein. Gegenüber Fromm bekennt sich Stauffenberg als Attentäter und gibt sich gewiss, dass Hitler tot sei. Olbricht teilt mit, dass "Walküre" bereits ausgelöst sei. Als Fromm sich weigert, die Verschwörer zu unterstützen, stellen sie ihn unter Arrest.
Informiert von Stauffenberg, beginnt die Verschwörergruppe beim Militärbefehlshaber in Frankreich die vorbereiteten Maßnahmen umzusetzen. Sender werden besetzt und SS-Einheiten entwaffnet.
Major Remer kehrt zu seinem Bataillon zurück, das umgehend ausrückt.
Heinrich Himmler ruft die Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin an und gibt den Befehl, Stauffenberg unauffällig festzunehmen. Der damit Beauftragte SS-Oberführer Humbert Achamer-Pifrader wird aber von den Verschwörern im Bendlerblock festgesetzt.
Das Scheitern des Staatsstreichs zeichnet sich ab, weil Hitler überlebt hat. Trotzdem geht die Aktion in Frankreich weiter.
Die Alarmierung der zuverlässigen Wehrmachtseinheiten ist abgeschlossen, Panzer rollen auf die Reichshauptstadt zu.
Hitler telefoniert mit Goebbels und weist ihn an, im Rundfunk die Meldung zu bringen, dass ein Attentat auf ihn verübt worden, aber misslungen sei.
Bei mehr als 20 Adressaten trifft nacheinander das Fernschreiben der Verschwörer ein, das von "inneren Unruhen" berichtet und die Machtübernahme der Wehrmacht gegen NSDAP und SS mitteilt.
Der nicht eingeweihte Generalmajor Otto Herfurth, Chef des Stabes beim Wehrkreiskommando III, genehmigt auf Drängen des Mitverschwörers Major Hans-Ulrich von Oertzen die Alarmierung des gesamten Wehrkreises.
Über alle Frequenzen verbreitet der Rundfunk die Meldung, auf Hitler sei ein Attentat verübt worden, er habe aber überlebt und werde bald zum deutschen Volk sprechen.
Das Wachbataillon "Großdeutschland" hat das Regierungsviertel befehlsgemäß abgeriegelt.
Major Remer meldet sich bei Goebbels, der ihn umgehend mit Hitler persönlich verbindet und befiehlt, den Militärputsch sofort niederzuwerfen. Remer wird Hitler persönlich unterstellt.
In einem Telefonat mit Generaloberst a. D. Ludwig Beck in Berlin bekennt sich der Militärbefehlshaber in Frankreich General der Infanterie Carl-Heinrich von Stülpnagel rückhaltlos zum Staatsstreich und verspricht, den gesamten Sicherheitsdienst und die SS mir ihren Führern in Frankreich festzusetzen
Stauffenberg verfasst ein Fernschreiben: "Das durch Rundfunk bekannt gegebene Kommuniqué trifft nicht zu. Der Führer ist tot."
Beim Militärbefehlshaber trifft ein von Wilhelm Keitel gezeichnetes Fernschreiben ein, das alle Befehle aus der Bendlerstraße für nichtig erklärt.
Ein Fernschreiben aus der Bendlerstraße trifft ein: "Der Führer ist tot."
Ein Fernschreiben Keitels geht an alle Wehrkreise. Nur dem neuen Befehlshaber des Ersatzheeres, Reichsführer SS Heinrich Himmler, dürfe gefolgt werden.
Der erste führende Verschwörer, Generalfeldmarschall a. D. Erwin von Witzleben, erkennt an, dass der Staatsstreich gescheitert ist. Er verlässt die Bendlerstraße und wartet daheim auf seine Festnahme.
Stauffenberg teilt einem Mitverschwörer in Paris mit, dass in Berlin der Staatsstreich gescheitert sei.
Mehrere Hitler-treue Offiziere starten einen Gegenangriff auf die Räume, in denen die Verschwörer verzweifelt versuchen, den Staatsstreich am laufen zu halten. Stauffenberg, Haeften, Mertz von Quirnheim, Olbrich und Beck werden nach einer Schießerei festgenommen.
Mitverschwörer im Führerhauptquartier werden festgenommen.
Soldaten besetzen die Bendlerstraße.
Ludwig Beck versucht erfolglos, sich das Leben zu nehmen. Er wird erschossen.
Stauffenberg, Haeften, Mertz von Quirnheim und Olbricht werden im Hof der Bendlerstraße auf Befehl von Friedrich Fromm standrechtlich exekutiert.
Vom Führerhauptquartier aus wendet sich Adolf Hitler an das deutsche Volk und sagt unter anderem: "Eine ganze kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen (…). Die Bombe, die von dem Obersten Graf von Stauffenberg gelegt wurde, krepierte zwei Meter an meiner rechten Seite (…). Ich selbst bin völlig unverletzt bis auf ganz kleine Hautabschürfungen, Prellungen oder Verbrennungen. Ich fasse das als eine Bestätigung des Auftrages der Vorsehung auf, mein Lebensziel weiter zu verfolgen."
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