Prokon-Anleger verlieren rund 40 Prozent des Kapitals
Als Dietmar Penzlin am Freitagmittag in Hamburg vor die Presse tritt, haben 25 Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater ihr Werk getan. Das war Penzlins Team, das in den vergangenen drei Monaten herausfinden sollte, wie es um die zahlungsunfähige Windkraftfirma Prokon wirklich steht.
Herausgekommen sind vor allem zwei Dinge. Es soll weitergehen mit Prokon. Und die Anleger dürfen hoffen, wenigstens einen Teil ihres Geldes wiederzusehen, das sie bei Prokon angelegt haben. Sie erhalten, so sagt es Penzlin, möglicherweise zwischen 30 und 60 Prozent ihres Geldes zurück. Den Beginn der Rückzahlungen erwarte er allerdings frühestens 2015. "Einer Milliarde Euro Vermögen stehen Verbindlichkeiten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gegenüber", sagt Penzlin. "Der weitere Verfahrensablauf wird zeigen, wo wir landen werden."
Kündigungen seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr erforderlich. Sämtliche Genussrechte seien im Insolvenzfahren fällig gestellt und würden behandelt wie die Forderungen der übrigen Gläubiger, sagt Penzlin. Normalerweise werden Genussrechtsinhaber in Insolvenzverfahren erst nach anderen Gläubigern wie Mitarbeitern, Banken oder Lieferanten befriedigt. Aufgrund mehrerer Rechtsgutachten geht der Insolvenzverwalter jedoch davon aus, dass die "entscheidenden Passagen der Genussrechtsbedingungen unwirksam sind". Was bedeutet das?
Die erste Gläubigerversammlung wird am 22. Juli in der Hamburger Messe stattfinden. Dort will Penzlin die Gläubiger überzeugen, Prokon in den nächsten Jahren zu sanieren. "Mein Ziel ist es, Prokon in einer angepassten Form zu erhalten und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten." Bei einer Fortführung könnten 300 von 450 Arbeitsplätze erhalten bleiben, sagt der Insolvenzverwalter. Die Einsetzung eines Interimsmanagers sei geplant. Namen für den Job nannte er noch keine.
Folgen die Gläubiger den Vorschlägen, könnte Prokon in Zukunft auf eine gesunde Größe geschrumpft werden. Die Genussrechte würden in eine Unternehmensanleihe umgewandelt, die auch an der Börse gehandelt werden könnte. Als Sicherheit dienten dann die Bestandswindparks, die derzeit einen Wert von rund 560 Millionen Euro hätten. Bei einem Weiterbetrieb müsse sich Prokon laut Penzlin zukünftig stärker auf seine Kernbereiche Windkraft in Deutschland , Polen und Finnland konzentrieren. Stromproduktion und Stromversorgung liefen noch immer stabil. Gleiches gelte für die Projektierung neuer Windparks. Der aggressive Vertrieb der Genussrechte und die Herstellung der Prokon-Windenergieanlage P3000 würden aber eingestellt. Für die Anlage P3000, die Prokon selbst bauen wollte, soll ein Investor gefunden werden.
Auch die Investitionsabenteuer in Ölmühlen, sächsische Holzwerke oder in rumänischen Wald will der Insolvenzverwalter wohl beenden. Prokon hatte insgesamt fast eine halbe Milliarde Euro in diese Geschäftsfelder gesteckt. Und zwar als Darlehen an verschiedene Tochter- und Partnerunternehmen. Ob das Geld ohne Abstriche zurückgezahlt werde, bleibt laut Penzlin abzuwarten. Die Situation der Tochterfirma Prokon Pflanzenöl in Magdeburg (140 Arbeitnehmer) und der Partnerfirma Hit Holzindustrie in Torgau (650 Arbeiternehmern) habe sich zuletzt stabilisiert, sagt Penzlin. Trotzdem weise die Jahresabschlussprüfung für Prokon 2013 einen vorläufigen Fehlbetrag von 478 Millionen Euro aus. In einer Mitteilung an die Anleger, rechnet der neue Chef mit dem alten ab. Carsten Rodbertus, der Gründer und der ehemalige Geschäftsführer Prokons, und dessen Management haben die schlechten Zahlen zu verantworten. Er habe, sagt Penzlin, Rodbertus und dessen Vertriebschef Rüdiger Gronau Ende April wegen "verschiedener Pflichtverletzungen" und "gravierender Vorfälle" fristlos entlassen.
Einzelheiten dazu nennt er nicht. Aber er gibt Hinweise darauf, was seiner Ansicht nach schiefgelaufen ist. "Das Rechnungswesen und das Controlling von Prokon befinden sich in einem unausgesprochen mangelhaften Zustand." Es sei festzuhalten, dass "die Geschäftsführung diesen wichtigen Unternehmensbereich über viele Jahre wissentlich vernachlässigt hat". Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft untersuche, ob gegen die früheren Verantwortlichen Schadensersatzansprüche bestehen. Fakt ist, die von Carsten Rodbertus gebetsmühlenhaft gepriesenen stillen Reserven in den Windparks konnte der Insolvenzverwalter nicht finden. Noch kurz vor dem Insolvenzantrag am 22. Januar versicherte Rodbertus seinen Anlegern, das Unternehmen verfüge mit den Windkraftanlagen über hohe stille Reserven und sei somit wirtschaftlich gesund. Die Ergebnisse von Penzlin sehen anders aus. "Es gibt keine stillen Reserven", stellte er knapp fest. Im Gegenteil, etliche der Beteiligungen und der von Prokon vergebenen Kredite sind weniger wert, als in der Bilanz steht. Die Werte müssen berichtigt oder abgeschrieben werden.
Das erklärt womöglich, warum Penzlin Rodbertus gerade noch einmal kühl abtropfen ließ. Rodbertus hatte den Insolvenzverwalter und die Gutachter in Internetveröffentlichungen attackiert und mit Neugründungen einer "Prokon Genossenschaft" und einer "Prokon AG" für Störfeuer gesorgt. Diese Unternehmungen hätten nichts mit Prokon zu tun, sagt Penzlin. "Ich stelle klar, dass ich mit der Genossenschaft und der AG nicht zusammenarbeite." Er lasse auch prüfen, wie der Markenname von Prokon zu schützen sei. Neugründungen der Ex-Führungsriege könnte er so den Riegel vorschieben.
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