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Prokons Pleite

Riskante Geldanlagen: Windkraft-Konzern Prokon landet auf "Warnliste"

Riskante Geldanlagen: Windkraft-Konzern Prokon landet auf "Warnliste"

Prokon ist für seine aggressive Werbung bekannt. Nun warnen Anlegerschützer: Das Stammkapital sei aufgebraucht, Verluste könnten nun 74.000 Anleger treffen. Das lässt Prokon nicht auf sich sitzen.

Deutsche Anlegerschützer sehen das Geld in Gefahr, das Zigtausende Sparer in den Itzehoer Windkraftkonzern Prokon gesteckt haben. Die Stiftung Warentest warnt deshalb vor der Prokon Regenerative Energien: "Ihr Stammkapital war Ende August aufgezehrt. Das kann die Anleger hart treffen: Sie müssen Verluste voll mittragen, die über das Stammkapital hinausgehen." Die Stiftung Warentest führt die Prokon-Tochter auf ihrer "Warnliste Geldanlage".

Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist besorgt. Hintergrund sind vorläufige Finanzdaten, die Prokon ins Internet gestellt hat. Darin ist unter anderem ein "Verlustvortrag" von fast 200 Millionen Euro ausgewiesen.

"Sollten sich diese Zahlen bewahrheiten, müssen die Prokon-Anleger damit rechnen, deutlich weniger Geld zurückzubekommen, als sie eingezahlt haben", sagt DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. "Denn dann wäre nicht nur die Zinszahlung in Gefahr, sondern auch das Genussrechtskapital."

Prokon selbst schlägt auf der eigenen Internetseite zurück, mal wieder mit neuen Zahlen.

Doch der Reihe nach. Vor einer Woche hatte die "Welt am Sonntag" über neue Probleme bei Prokon berichtet. So war das neu eingeworbene Anlegergeld zuletzt drastisch eingebrochen – um 90 Prozent.

In den ersten acht Monaten 2013 hatte der Windkraftkonzern rund 40 Millionen Euro frisches Genussrechtskapital von Anlegern eingeworben, danach monatlich nur noch rund vier Millionen. Zudem ist Prokon bisher nicht in der Lage, den Jahresabschluss für 2012 vorzulegen. Auch weil das Unternehmen Ärger mit den eigenen Wirtschaftsprüfern hat.

Genussrechte mit hohen Risiken

Genussrechte sind eine Anlageform des schwach regulierten grauen Kapitalmarkts. Anleger gehen ein hohes Risiko ein. Anders als Aktionäre dürfen Genussrechtsinhaber im Konzern nicht bestimmen. Bei Pleiten sind sie die letzten Gläubiger, die bedient werden. Vor ihnen sind Zulieferer, Geschäftspartner, Mitarbeiter und Banken an der Reihe. Trotz des Risikos haben sich rund 74.000 Menschen entschieden, bei Prokon insgesamt mehr als 1,3 Milliarden Euro anzulegen.

Wohl auch wegen der omnipräsenten Prokon-Werbung im öffentlichen Nahverkehr, im TV oder per Wurfpost. Die Botschaft, das Investment sei gut für die Umwelt und mit sechs bis acht Prozent Zinsen ebenso gut für den Geldbeutel, brachte Prokon-Chef Carsten Rodbertus lange Zeit auch persönlich bei Veranstaltungen in deutschen Hotels unter das Volk.

Jetzt klingt das alles deutlich defensiver. Seit dem späten Freitagabend hat Prokon eine Erklärung auf die eigene Homepage gestellt: "Zukunftsprognose: Verzinsung und Rückzahlung des Genussrechtskapitals langfristig gesichert". Man wolle so auf kritische Medienberichte reagieren, heißt es dort, und Fragen beantworten. "Was passiert, wenn Prokon nicht mehr so viel neues Geld einwirbt? Ist mein Geld weg, wenn Prokon keine neuen Windparks mehr baut?" Konkrete Antworten darauf sucht man auf der Webseite allerdings vergebens.

Stattdessen präsentiert Prokon eine Prognose, die Anleger offenbar beruhigen soll: eine Modellrechnung, die bis ins Jahr 2041 reicht, ein Vorausblick auf die nächsten fast 30 Jahre also. Sie soll die Unternehmensentwicklung skizzieren und basiert auf einer Reihe von Annahmen, unter anderem darauf, dass Prokon nicht mehr endlos weiterwächst und dass nur noch Windparks fertiggestellt werden, die schon heute im fortgestritten Entwicklungsstadium sind. Danach solle dann auch kein neues Genussrechtskapital mehr eingeworben werden.

Prokon liefert halb fertige Zwischenbilanzen

Allerdings wirft die Zahlenreihe einige wichtige Fragen auf – wie so viele andere halb fertige Zwischenbilanzen von Prokon der jüngeren Vergangenheit. So geht Prokon in seinem Szenario offenbar davon aus, bis ins Jahr 2016 noch neues Genussrechtskapital von 565 Millionen Euro einzuwerben. Das Anlagevolumen würde dann sogar noch auf 1,9 Milliarden Euro wachsen. Ob die aktuellen Zahlen Anleger dazu wirklich motivieren, ist fraglich. Denn parallel weist die Prognose auch aus, dass Prokon erst ab 2016 wieder mit Gewinnen rechnet.

Noch etwas könnte Anleger irritieren. In den Konzerndaten zum 31. August 2013 steht, dass fast das gesamte Genussrechtskapital – insgesamt 1,3 Milliarden Euro – eine Restlaufzeit von weniger als fünf Jahren hat. In einer Grafik mit dem Titel "Prognostizierte Umsatzverwendung 2014-2041" stellt es Prokon nun so dar, als müssten Genussrechtsgelder erst ab 2017 zurückgezahlt werden. Und dann auch bloß rund 100 Millionen pro Jahr. Es gibt für diese riesige Diskrepanz eigentlich nur eine Erklärung: schier grenzenlosen Optimismus, dass die Anleger bleiben.

Allerdings dürften sie misstrauisch geworden sein – angesichts der Geschwindigkeit, mit der Prokon immer neue Firmenzahlen vorlegt, die einander teilweise widersprechen und die trotz anderslautender Versprechen immer noch nicht von Wirtschaftsprüfern abgesegnet sind. Der Jahresabschluss 2012, der Auskunft darüber geben könnte, wie es um die Firma wirklich steht, ist Ende 2013 immer noch nicht fertig. Prokon gab zuletzt den Medien die Schuld daran. "Mit ihrer medialen Hetzkampagne sorgen die sogenannten 'Investigativ-Journalisten' jedoch für immer neue Diskussionen und Fragen auch seitens der Wirtschaftsprüfer und sind damit selbst verantwortlich für die Verzögerung!"

Anleger mit Anwälten können keine Kulanz erwarten

Im Internet rumort es. Anwälte bringen sich in Stellung. Die Anlegerschützer von der DSW empfehlen sogar: "Betroffene Anleger sollten sich frühzeitig zusammenschließen, um – falls nötig – schnell aktiv gegensteuern zu können." Verunsicherte Prokon-Anleger können sich bei der DSW registrieren lassen. Die DSW werde die Entwicklungen weiter beobachten und "im Fall des Falles auch juristisch aktiv werden", sagte DSW-Geschäftsführer Tüngler.

Er kann sich auf eine harte Auseinandersetzung vorbereiten. Wie Prokon mit Post vom Anwalt umgeht, hat der Konzern zuletzt schon einmal klargemacht: Er veröffentlicht und kommentiert sie im Internet. Ein Anleger hatte per Anwalt seine Genussrechtsscheine in Höhe von 20.000 Euro fristlos kündigen lassen. Prokon reagierte recht undiplomatisch auf die "zwielichtige Abzocker-Kanzlei". Da der Anleger sich leider entschieden habe, über Rechtsanwälte zu kommunizieren, sehe Prokon "keinen Grund, Kulanz walten zu lassen". Denn Kulanz könnten Anwälte als Erfolg präsentieren. Es wirkt fast, als wolle Prokon ein Exempel statuieren.

Bei all dem Getöse ging eine gute Nachricht vom Nikolaustag fast unter. Der Konzern hat endlich einen neuen Windpark ans Netz gebracht. Im niedersächsischen Ausbüttel drehen sich nun vier Zwei-Megawatt-Anlagen. Es ist der erste neue Prokon-Windpark in Deutschland seit dem Sommer 2011.

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